Zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai 2024 erklärt der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss und ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe:
Entgegen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die seit 15 Jahren hierzulande geltendes Recht ist, befindet sich Inklusion auf dem Rückzug. Menschen mit Behinderungen werden immer noch oft daran gehindert, gleichberechtigt am sozialen, politischen, kulturellen oder beruflichen Leben teilzuhaben. Eine selbstbestimmte Lebensführung bleibt ihnen größtenteils verwehrt.
Die Sonderstrukturen haben sich durchgesetzt. Es arbeiten heute prozentual mehr Menschen in Sonderwerkstätten als vor der UN-BRK. Auch die inklusive Bildung ist auf dem Rückmarsch. In vielen Bundesländern werden mit enormem Aufwand neue sogenannte „Förderschulen“ gebaut, während der gemeinsame Unterricht in den Regelschulen ausgehungert wird. Die Ideologie der Aussonderung feiert in Deutschland ihren Siegeszug. Diskriminierung ist nach wie vor vorhanden. Es werden Milliarden in die Exklusion gesteckt und in der „Wohlfahrtsindustrie“ wird immer mehr Geld verdient.
Der EU-Protesttag zu Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen am 5. Mai soll deutlich machen, dass viele Menschen sich mit dieser Entwicklung nicht abfinden.
Die Bundesregierung hat es bisher versäumt, Inklusion engagiert umzusetzen – bewusst der Mahnungen des Fachausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, der im vergangenen Sommer scharfe Kritik an der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland übte. Weder im Bereich der inklusiven Bildung noch im inklusiven Arbeitsmarkt oder dem barrierefreien Gesundheitswesen hat sie erforderliche Impulse für eine umfassende und bundesweite Inklusionsstrategie gesetzt. Stattdessen hat sie sich in den meisten Politikfeldern aus der Verantwortung gezogen und eigene Versprechen nicht umgesetzt. Sie hat zudem einen despektierlichen Umgang mit den Betroffenenverbänden an den Tag gelegt, wenn es um die Beteiligung an wichtigen Vorhaben auf Bundesebene geht.
Menschen mit Behinderungen haben keine Zeit, darauf zu warten, bis alle Barrieren in Köpfen verschwinden, sie wollen, dass die Barrieren in der Gesellschaft abgebaut werden. Ein Menschenrecht kann nicht davon abhängen, dass jeder damit einverstanden ist.
Foto: René Golz.