Nicht funktionierendes EU-Portal ist Gefahr für Arzneimittelforschung

Anlässlich der Einbringung der Kleinen Anfrage der CDU/CSU „Dysfunktionalität des EU-Portals CTIS für klinische Prüfung von Arzneimitteln und Gefährdung des Forschungsstandorts“ (Drucksache 20/5003) erklärt Hubert Hüppe MdB, Berichterstatter für klinische Prüfungen der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU:

Schwere Mängel im „Probebetrieb“ des zentralen EU-Portals für Arzneimittelstudien, wie sie von Ethikkommissionen, Bundesärztekammer, medizinischem Fakultätentag und Pharmaindustrie gemeinsam angeprangert und in der Kleinen Anfrage von der CDU/CSU aufgegriffen werden, muss die Bundesregierung zum Anlass nehmen, bei der Europäischen Kommission auf schnelles Handeln zu drängen. Sonst droht ab Ende Januar ein faktisches Aus für ein Großteil aller Arzneimittelstudien in Europa, weil das EU-Portal untauglich für die Abwicklung der Genehmigungsverfahren ist.

Kern des neuen EU-weit einheitlichen Genehmigungsverfahrens für Arzneimittelstudien auf Basis der Verordnung 536/2014 soll das EU-Portal „Clinical Trials Information System“ (CTIS) als zentrale online-Anlaufstelle für alle Akteure sein: Antragsteller, Ethikkommissionen und Genehmigungsbehörden kommunizieren zukünftig ausschließlich über CTIS.

Dies betrifft auch die Sicherheit der Prüfungsteilnehmer, da Unterbrechung oder Abbruch einer klinischen Prüfung aufgrund einer Änderung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses den betroffenen Mitgliedstaaten über das EU-Portal mitgeteilt wird.

Seit 31. Januar 2022 können Anträge optional entweder über das neue EU-Portal „CTIS“ oder wie bisher bei den nationalen Behörden eingereicht werden. Dabei läuft bisher nur ein kleiner Anteil von einem Sechstel der Verfahren über das neue EU-Portal, wobei sich dieses bereits als dysfunktional erweist.

Ab 31. Januar 2023 jedoch müssen sämtliche Anträge über das neue EU-Portal abgewickelt werden. Das EU-Portal CTIS, das bereits im optionalen Betrieb seit Februar 2022 mit geringer Auslastung von ca. 17 Prozent gravierende Mängel offenbart, könnte ab dem 31. Januar 2023 mit dann 100 Prozent Auslastung ein heilloses Desaster werden.

Die Verordnung 536/2014 wurde am 27. Mai 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat zwanzig Tage danach in Kraft. Seither hatte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) 102 Monate lang Zeit, ein funktionsfähiges zentrales EU-Portal zur Verfügung zu stellen. Dies ist ihr nicht gelungen. Darauf zu vertrauen, das könne ihr dennoch im verbleibenden einen Monat gelingen, bedarf es geradezu übermenschlicher Glaubensstärke.

Klinische Forschung gehört untrennbar zur Versorgung mit sicheren Arzneimittel, zur Forschungslandschaft und zum Pharmastandort Deutschland und Europa, daher können wir uns ein zeitweises EU-weites Aussetzen klinischer Forschung mangels Funktionsfähigkeit von CTIS nicht leisten.

Vor diesem Hintergrund ist die einzig denkbare Lösung, den Stichtag 31. Januar 2023 solange auszusetzen, bis CTIS tatsächlich funktionsfähig ist. Dafür müsste die Bundesregierung sich ohne jedes weitere Abwarten auf EU-Ebene massiv einsetzen.

Die Kleine Anfrage „Dysfunktionalität des EU-Portals CTIS für klinische Prüfung von Arzneimitteln und Gefährdung des Forschungsstandorts“, Bundestags- Drucksache 20/5003, ist hier abrufbar:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/050/2005003.pdf

Foto: DBT/Stella von Saldern

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