Anlässlich der 2. und 3. Lesung im Bundestag zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts erklärt der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Hubert Hüppe:
Der heute mit Stimmen der Ampel-Koalition verabschiedete Gesetzentwurf wird den Arbeitsmarkt in Deutschland nicht inklusiver machen, da bestehende Hürden nicht abgebaut werden. Es fehlt dem Entwurf an Verbesserungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wie dem Budget für Arbeit oder dem Budget für Ausbildung, die in ihrer derzeitigen Form einen noch viel zu geringen Beitrag zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leisten. Auch ein Abbau an Hürden wie der Rehabilitationspädagogischen Zusatzqualifikation oder die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) lässt der Entwurf vermissen.
Stattdessen weicht die Ampel-Koalition die bestehende Beschäftigungspflicht für Unternehmen auf. Betriebe mit mehr als 60 Angestellten sind in Deutschland verpflichtet, fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Verstoßen sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese Auflage, konnten die Unternehmen bisher mit einem Bußgeld belegt werden. Mit dem heute verabschiedeten Gesetz wird diese Regelung ersatzlos gestrichen. Dass mit dem Wegfall der Bußgeldregelung Inklusionsverweigerer auch noch belohnt werden, ist ein Skandal! Diese Art der Unternehmensentlastung auf Kosten der Menschen mit Behinderung war mutmaßlich für die FDP Grund genug, dem Gesetz zuzustimmen. Inklusiver wird der Arbeitsmarkt dadurch jedenfalls nicht.
Die im Gesetzentwurf enthaltene Einführung einer 4. Stufe bei der Ausgleichsabgabe trifft nur einen geringen Prozentsatz der Betriebe in Deutschland, da hierbei Sonderregelungen für kleine und mittlere Unternehmen bestehen bleiben. Die Abschaffung der Bußgeldregelung kann hingegen als Freifahrtschein für Unternehmen verstanden werden, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Hinzu kommt, dass sich Betriebe ohne Angestellte mit Behinderung weiterhin von der Ausgleichsabgabe freikaufen können, wenn sie entsprechende Aufträge an Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) vergeben. Dies wird eher zu einer Verfestigung der Sonderstrukturen führen als zu deren Abbau, wie es im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention eigentlich vorgesehen ist.
Eine offizielle Erklärung, warum ich dem Gesetzentwurf nicht gestimmt habe, finden Sie hier als PDF.
Foto: Deutscher Bundestag.