Gewalt und Missbrauch von Frauen mit Behinderungen verhindern – Gewaltschutz in Einrichtungen konsequent umsetzen

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25. November fordert der Berichterstatter für Menschen mit Behinderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, Hubert Hüppe, einen besseren Gewaltschutz für Frauen mit Behinderungen:

Es besteht dringender Handlungsbedarf, Menschen Behinderungen besser vor Gewalt zu schützen. Sie erleiden überdurchschnittlich oft psychische, körperliche, sexuelle Gewalt sowie sexuelle Belästigung. Vor allem in Einrichtungen wie Wohnheimen oder Werkstätten für behinderte Menschen durchleben die Bewohner und Beschäftigten Gewalterfahrungen, wobei Frauen am häufigsten betroffen sind. Dieses Fazit zieht die von den Bundesministerien für Frauen und Arbeit in Auftrag gegebene Studie vom Stand Juli 2024.

In ambulanten Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen erleiden 62 Prozent der Frauen (und 33 Prozent der Männer) sexuelle Belästigung, 29 Prozent der Frauen (und 7 Prozent der Männer) sexuelle Gewalt, 81 Prozent der Frauen (und 79 Prozent der Männer) psychische Gewalt. Ebenfalls auf bestürzend hohem Niveau ist die Gewalterfahrung von Menschen mit Behinderungen in stationären Wohneinrichtungen, gleichwohl der prozentuelle Anteil etwas geringer ist.

Nicht weniger präsent und erschreckend hoch ist die Gewaltsituation gerade in den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Die Studie konstatiert, dass mehr als jeder vierte Werkstattbeschäftigte (26 Prozent) in den letzten drei Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt hat, Frauen mehr als doppelt so häufig wie Männer (37 Prozent gegenüber 15 Prozent). Im Vergleich zu Beschäftigten im Bevölkerungsdurchschnitt sind Beschäftigte in WfbM fast dreimal so häufig von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen (26 Prozent vs. neun Prozent der Beschäftigten im Bevölkerungsdurchschnitt – 13 Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer). Ihr Risiko, Opfer von sexueller Belästigung zu werden, ist somit um ein Vielfaches höher. Auch wurden die Studien-Teilnehmer gefragt, ob sie schon einmal mitbekommen hätten, dass jemand anderes in der Werkstatt sexuell belästigt worden sei. Jeder sechste Befragte (18 Prozent) gab an, mindestens einmal sexuelle Belästigungen gegenüber anderen Beschäftigten beobachtet zu haben.

Es ist nicht erklärbar, warum die Ampel-Regierung ihre Amtszeit nicht genutzt hat, um den Gewaltschutz von Frauen mit Behinderungen dringend zu verstärken. Vor Regierungsantritt hatte sie lautstark angekündigt, eine ressortübergreifende Gewaltschutzstrategie für Menschen mit Behinderungen – mit besonderem Fokus auf betroffene behinderte Frauen – zügig umsetzen.

Die Politik muss die Schutzrechte von Menschen mit Behinderungen durchsetzen. Immer wieder rücken Gewaltfälle aus Einrichtungen ins Licht der Öffentlichkeit. 2019 nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf, in deren Zuge 145 Mitarbeiter der Stiftung Wittekindshof der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung beschuldigt wurden und 165 Verfahren eingeleitet worden waren. Bezeichnend ist, dass inzwischen fast alle Verfahren eingestellt wurden und bisher nicht ein Urteil gefällt wurde. 2021 tötete eine Pflegerin in der diakonischen Oberlinhaus-Behinderteneinrichtung in Potsdam vier Bewohner. Typisch ist auch, dass gleich nach den Morden in dieser Einrichtung die Tat mit der Überforderung des Personals entschuldigt wurde. Noch immer scheint es im staatlichen Handeln und in der Gesellschaft, dass Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen nicht denselben Stellenwert hat wie Gewalt gegen Menschen ohne Behinderungen.

Es gilt dringend, die Studien der Bundesregierung auszuwerten und daraus gemeinsam mit Betroffenen und ihren Selbstvertretungsorganisationen konkrete Maßnahmen zu realisieren.

Foto: René Golz.

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